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Übergroße Mehrheit für rot-roten Koalitionsvertrag

Mitgliederentscheid und Landesparteitag der LINKEN stimmen für Neuauflage der Koalition mit SPD

Am 30. Oktober haben über dreißig Freiwillige den Mitgliederentscheid zum Kolitionsvertrag ausgezählt - das Ergebnis ist ein "Ja!" wie es deutlicher kaum hätte ausfallen können: 75,74% der Brandenburger LINKEN- Mitglieder haben sich an der Abstimmung beteiligt. Von den abgegebenen gültigen Stimmen lauteten 4489 bzw. 92,44% auf Ja und 287 bzw. 5,91% auf Nein. 80 GenossInnen bzw. 1,65% enthielten sich der Stimme. Der Landesvorsitzende der LINKEN Brandenburg, Christian Görke, sagte dazu: „Das ist ein großartiges Ergebnis. Die Beteiligung von mehr als drei Vierteln der Mitglieder belegt, dass basisdemokratische Mitbestimmung von der Mitgliedschafft gewollt war und gut angenommen wurde. Das Votum von über 90% ist ein klares Bekenntnis der Mitgliedschaft zur Fortsetzung von rot-rot und eine Aufforderung an die Landespartei, die Landtagsfraktion und die MinisterInnen, den Vertrag mit Leben zu erfüllen und das Land im Sinne der Bürgerinnen und Bürger zu gestalten.“

Mit dem kräftigen Rückenwind des überaus deutlichen Mitgliederentscheides wurde am Folgetag der Parteitag der LINKEN Brandenburg in Potsdam durchgeführt. „Wir wollen dieses Land besser machen und in einer zweiten rot-roten Koalition das fortsetzen, was wir in der ersten Koalition begonnen haben. Das Fundament ist gelegt", erklärte der Parteivorsitzende Christian Görke in seiner Rede am Samstagmorgen. Er gab damit gleichzeitig einen ersten Ausblick auf die nächsten fünf Jahre der LINKEN. Brandenburg in der Regierungsverantwortung. Görke sprach offen und selbstkritisch einige Fehler der Vergangenheit an, die für die doch deutlichen Stimmenverluste bei der Landtagswahl im September gesorgt hatten. „Die Analyse hat begonnen. Wir müssen hörbarer, sichtbarer und spürbarer werden“, forderte Görke. Er präsentierte zudem den Nominierungs-Vorschlag für die linken Ministerien in der nächsten Legislatur: Es sind Diana Golze für das Ministerium Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie; Helmuth Markov für Justiz, Europa und Verbraucherschutz; Christian Görke, Finanzministerium. Über 74 Prozent Zustimmung gab es von den insgesamt 124 Delegierten dafür in Potsdam. „Brandenburg wartet auf uns“, erklärte Görke zum Abschluss des Parteitages.

Rot-roter Koalitionsvertrag auf dem Prüfstand

Basiskonferenz Der LINKEN beriet in Eberswalde

Auf dem Podium die Verhandlungsgruppe: Gerrit Große, Helmuth Markov, Christian Görke, Margitta Mächtig und Kirsten Tackmann.
Landesvorsitzender Ch. Görke während seiner Ausführungen.
Blick in den Plenarsaal, der voll besetzt war.
Ralf Christoffers beantwortete als Wirtschaftsminister Zusatzfragen zu seinem Fachgebiet.
Margitta Mächtig referierte zu sozialen Aspekten des Koalitionsvertrages.

Der Saal des Bürgerbildungszentrums Amadeu Antonio in Eberswalde war am 17. Oktober voll besetzt, als sich die Verhandlungsgruppe zum Koalitionsvertrag mit der SPD um Landesvorsitzenden Christian Görke der Basiskonferenz Nordbrandenburg Rede und Antwort stellte.
Sichtlich ergriffen brachte Görke in seinem Eingangsstatement seine Enttäuschung über das miese Wahlergebnis der Brandenburger LINKEN am 14. September zum Ausdruck. Dafür gebe es viele Gründe, u. a. den Verlust an Glaubwürdigkeit in die Partei in Regierungsverantwortung sowie ein relativ mangelndes Vertrauen der Wähler in die Kompetenz der LINKEN bei wichtigen Fragen. Er kündigte eine tiefergehende Analyse und Auswertung der Ursachen für die Stimmenverluste an. Ungeachtet dessen hätte DIE LINKE bei den Verhandlungen vieles von ihren Zielen durchsetzen können.

Dazu gehöre, wie die Fachpolitikerin Gerrit Große hervorhob, insbesondere auch der Bildungsbereich. Der Personalschlüssel in Kitas werde verbessert und betreffe auch die Betreuung der 4- bis 6-Jährigen. Die Grundschulen sollen selbst bei Unterbelegung erhalten bleiben. Die Gesamtschulen sollen stabilisiert und Neugründungen zugelassen werden. Längeres gemeinsames Lernen werde zudem mit der Einrichtung von Schulzentren mit allen Klassenstufen möglich. Die Zahl der neu einzustellenden Lehrer bis 2019 konnte von ursprünglich 4.000 auf 4.300 erhöht werden. Darüber hinaus werde es 100 zusätzliche Schulsozialarbeiter geben. Der Etat für Musikschulen werde verdoppelt.
In der Diskussion zu diesem Fragenkomplex wurde darauf verwiesen, dass das zusätzliche Kita-Personal zu 100% aus dem Landeshaushalt finanziert werde. Hinsichtlich der Privatschulen stellte Große klar, dass sie aus Sicht der LINKEN nur ein „ergänzendes Angebot“ sein könnten. Vielmehr gelte es, das öffentliche Bildungswesen „konkurrenzfähig“ zu machen und somit einer sozialen Differenzierung entgegenzuwirken. Beim Thema Inklusion in der Schule setze DIE LINKE auf ein schrittweises Vorgehen unter Berücksichtigung der zu schaffenden Voraussetzungen.

Zum Themenkreis Wirtschaft und Arbeit hob Görke das Bekenntnis zu Lohnuntergrenzen, die 2015 weiter erhöht und 2019 10 €/h erreichen könnten, hervor. Ausgebaut soll auch der öffentliche Beschäftigungssektor und insbesondere Langzeitarbeitslosen eine neue Perspektive gegeben werden. Weitere von Görke genannte Stichworte waren der Kampf gegen Schwarzarbeit, der Erhalt industrieller Kerne und die noch stärkere Berücksichtigung sozialer Belange bei der Wirtschaftsförderung.
Auf Fragen ergänzte Wirtschaftsminister Ralf Christoffers, dass in den letzten Jahren Grundlagen für eine zukünftige dynamische wirtschaftliche Entwicklung gelegt wurden. Beispiele seien die Bildung industrieller Cluster, die strategische Innovationskooperation mit Berlin (InnoBB) und Grundsatzentscheidungen zur Förderung von Wissenschaft und Technik. Dazu gehören auch Maßnahmen zur Eigenkapitalstärkung von kleineren und mittleren Unternehmen (KMU).
In diesem Zusammenhang wurde allerdings von der ehemaligen Bundestagsabgeordneten Dagmar Enkelmann kritisch angemerkt, dass nicht recht deutlich sei, was DIE LINKE eigentlich anstrebe, z. B. in der Energiepolitik. Justizminister Dr. Markov verwies darauf, dass zwar der Ausstieg aus der Braunkohle bis 2040 nicht explizit festgeschrieben werden konnte, dafür aber der Weg dahin skizziert wurde. Entwicklung der regenerativen Energien und der Stromspeichertechnologien, Regionalisierung und Kommunalisierung der Energieversorgung und nicht zuletzt Transparenz und Bürgerbeteiligung sowie Strompreisdämpfung nannte er als Stichworte. Ralf Christoffers warnte davor, die Energiewende auf die Kohleproblematik zu beschränken und äußerte den Eindruck, dass sie deutschlandweit nicht recht vorankommt.
Zur geplanten Schließung des Ausbesserungswerkes der DB in Eberswalde erklärte Christoffers, dass die Landesregierung dazu mit der Bundesbahn im Kontakt stehe und es im November ein Spitzengespräch geben werde.

Fraktionsvorsitzende Margitta Mächtig erläuterte weitere soziale Aspekte des Koalitionsvertrages. So konnte die verstärkte Schaffung altersgerechten Wohnraums, die Förderung verschiedener Maßnahmen für ein aktives Altern und die Überwindung der Unterschiede zwischen Ost- und Westrenten als Ziel verankert werden. Mehr Augenmerk werde auf die Ausbildung von Pflegekräften und verbindliche Tarifverträge für diese Berufsgruppe gelegt. An der Sicherung der Krankenhaus- und Tagesklinikstandorte werde festgehalten. Die Arbeit mit Bürgern mit Migrationshintergrund werde verstärkt und ihre Bildungs- und Berufsabschlüsse sollen eher Anerkennung finden. Die Koalitionspartner hätten sich zudem darüber verständigt, Flüchtlinge besser unterzubringen.

Den abschließenden Themenkomplex Landwirtschaft und Umwelt stellte die Bundestagsabgeordnete Kirsten Tackmann vor. Sie räumte ein, dass es nicht gelungen sei, ein neues Agrarleitbild zu vereinbaren. Aber das Prinzip der Nachhaltigkeit wurde in den Vertrag aufgenommen und die regionale Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte als Ziel formuliert. Das Dokument enthalte zudem die Ablehnung der Gentechnik in der Agrarwirtschaft wie auch das Wirken von Bodenspekulanten. Der Agrarforschung werde ein höherer Stellenwert als bislang beigemessen. Und nicht zuletzt werden Maßnahmen zum Hochwasserschutz vorangetrieben.
Kritik kam in der Diskussion vom ehemaligen umweltpolitischen Sprecher der Landtagsfraktion Dr. Michael Luthardt. Seiner Meinung nach wären die entsprechenden Passagen ein Rückschritt zu früheren Zielstellungen, oftmals zu vage formuliert und als Schwerpunkte der zukünftigen Regierungspolitik nicht erkennbar.

Natürlich kamen auch die Aussagen zur geplanten Gebietsreform zur Sprache. Christian Görke erinnerte daran, dass Brandenburgs Bevölkerung in den nächsten 10 Jahren um ca. 35% schrumpfen werde. Schlussfolgerungen daraus wurden in einer Enquetekommission des letzten Landtages gezogen, wobei unsere Vorstellungen weitgehend in den Koalitionsvertrag eingeflossen seien. So werde es keine Gemeindegebietsreform geben. Dafür könnten Amtsgemeinden gebildet werden. Wichtig sei das Prinzip der Freiwilligkeit von Zusammenschlüssen.

Ungeachtet vereinzelter Kritik an einigen Aspekten des Koalitionsvertrages überwog an diesem Abend insgesamt eine deutliche Zustimmung zu dem Dokument. Ein Teilnehmer der Konferenz dankte dem Team ausdrücklich für das Verhandlungsergebnis. Ob dies von der Mehrheit der Parteimitglieder ebenso gesehen wird, wird sich beim laufenden Mitgliederentscheid zeigen. Anfang November hat dann der Landesparteitag das letzte Wort zum Koalitionsvertrag.

W. Kraffczyk

Görke und Woidke präsentieren Koalitionsvertrag

Am 10. Oktober haben die Landesvorsitzenden von LINKEN und SPD, Christian Görke und Dietmar Woidke, das Ergebnis der rot-roten Koalitionsverhandlungen vorgestellt. Görke zeigte sich mit dem ausgehandelten Koalitionsvertrag sichtlich zufrieden: "Von den elf Projekten, mit denen wir in den Wahlkampf gegangen sind, konnten wir vieles durchsetzen." So sollen etwa 4.300 neue Lehrer eingestellt werden, der Betreuungsschlüssel an den Kitas wird für alle Altersstufen verbessert und der Weg zum längeren gemeinsamen Lernen wird durch die Möglichkeit freigemacht, Schulzentren zu bilden. Auch die Kommunen, die Sportvereine und die Musikschulen sollen durch ein umfangreiches Investitionsprogramm gestärkt werden. Der öffentliche Dienst soll bis 2019 44.200 Stellen haben, davon ca. 7.800 Polizisten – wesentlich mehr als es die ursprünglichen Pläne vorsahen. Für die geplante Kreisgebietsreform sieht der Koalitionsvertrag eine enge Zusammenarbeit mit den Kreisen und Kommunen vor. Statt am Reißbrett zu entscheiden, wie die Brandenburger Verwaltungsstruktur künftig aussieht, soll es eine Leitbilddebatte mit allen Beteiligten geben.

Kompromisse musste die LINKE-Verhandlungsgruppe beim Thema Braunkohle eingehen: Ein festes Ausstiegsdatum ist im Koalitionsvertrag nicht festgehalten. Da sich beide Verhandlungspartner jedoch zu den Klimazielen des Landes Brandenburg bekannt haben, ist Görke auch hier optimistisch: "Ich bleibe bei meiner Prognose, dass sich das Braunkohlefenster bis 2040 schließt."

Der Koalitionsvertrag, über den die Mitglieder der LINKEN in den kommenden Wochen entscheiden werden, steht zum Download bereit.

Katja Kipping gratuliert zum Verhandlungsergebnis
Zwischenzeitlich hat die Parteivorsitzende Katja Kipping zum Verhandlungsergebnis gratuliert. Sie erklärte angesichts der Veröffentlichung des Koalitionsvertrages: "Der ausgehandelte Koalitionsvertrag verspricht: 4.300 neue Lehrerinnen und Lehrer, Verkleinerung der Gruppen in den Kitas, zumindest die Ermöglichung von gemeinsamem Lernen von der ersten Klasse bis zum Schulabschluss, eine frühzeitige Integration von Kindern mit Migrationshintergrund und von Flüchtlingskindern in das Brandenburger Bildungssystem – es geht voran mit der Bildungsgerechtigkeit in Brandenburg. Die Bürgerinnen und Bürger Brandenburgs werden in der kommenden Legislaturperiode zudem eine verbesserte soziale Dienstleistungskultur erleben: Der Personalabbau bei der Polizei wird faktisch gestoppt, alle Krankenhausstandorte bleiben erhalten, der Hochschuletat wird jährlich um fünf Millionen Euro erhöht. Auch ein zusätzliches Investitionsförderprogramm im Umfang von 230 Millionen Euro zur Stärkung der Infrastruktur wird ab 2015 aufgelegt. Herzlichen Glückwunsch an die Brandenburger LINKE für diese Verhandlungsergebnisse im Sinne der sozialen Infrastruktur und der Bildungsgerechtigkeit."