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Ehrenamts- und Verbändeförderung zukunftsfähig gestalten

Antrag der Linksfraktion im Landtag (DS 7/578)

Der Landtag stellt fest: 

Ehrenamtliches Engagement ist eine tragende Säule der Zivilgesellschaft. Es ist deshalb eine wichtige Aufgabe des Landes, ehrenamtliches Engagement zu fördern und zu unterstützen. Von allen Ressorts der Landesregierung werden Vereine und Verbände finanziell unterstützt, die ehrenamtliche Arbeit organisieren. Der Landtag befürwortet die Fortführung der Ehrenamts- und Verbändeförderung. 

Ehrenamtsförderung ist eine Daueraufgabe. Neben der Unterstützung einzelner abgegrenzter Projekte geht es vor allem darum, Strukturen aufrecht zu erhalten, die Ehrenamt organisieren, indem Ehrenamtliche angeleitet und motiviert und von notwendigen Verwaltungsaufgaben entlastet werden. Die Form der Förderung muss deshalb dem Charakter der Daueraufgabe gerecht werden und für die Verbände eine verlässliche Arbeitsgrundlage sein, ohne ihre finanzielle Selbstständigkeit mehr als notwendig einzuschränken. 

Die Landesregierung wird aufgefordert, 
die Verbändeförderungen hinsichtlich ihrer Förderbedingungen zu evaluieren. Ziel soll es sein, unter Beachtung der haushaltsrechtlichen Notwendigkeiten und der sparsamen Mittelverwendung Förderinstrumente so auszugestalten, dass bürokratische Hemmnisse und Verwaltungsaufwand minimiert und die Ehrenamtsförderung optimiert werden. Dabei soll insbesondere betrachtet werden,

  • wie die Förderform dem Charakter der Ehrenamtsförderung als Daueraufgabe angepasst werden kann, ohne die Vereine in ihrer Geschäftstätigkeit zu sehr zu reglementieren und ihre Handlungsfreiheiten einzuschränken,
  • welche Förderinhalte grundsätzlich förderfähig sein können und welche nicht,
  • wie Antragstellung und Verwendungsnachweisführung vereinfacht und stärker ergebnisorientiert, auch unter Beachtung des Verhältnisses von Kontrollaufwand und Nutzen, ausgestaltet werden können,
  • wie Vereinen eine längerfristige Perspektive für die finanzielle Absicherung ihrer Ehrenamtsarbeit gegeben werden kann und wie Förderentscheidungen besser langfristig vorbereitet werden können,
  • wie unabwendbare Kostensteigerungen wie Löhne und Sachkosten bei der Förderung angemessen berücksichtigt werden können,
  • wie künftig Angebote gefördert werden können, die Akteure der Zivilgesellschaft und Ehrenamtliche dabei unterstützen, digitale Souveränität und Kompetenzen auszubauen und die Potenziale des digitalen Wandels besser nutzen zu können,
  • wie digitale Angebote für bürgerschaftliches Engagement gefördert werden können,
  • wie digitale Formen des Engagements stärker anerkannt werden können.

Die Evaluierung soll unter Mitwirkung von Vertreter/innen geförderter Verbände aus verschiedenen Ehrenamtsbereichen, des Landesrechnungshofes sowie Vertretern der Förderbehörden erfolgen. Dem zuständigen Ausschuss des Landtages soll bis Ende des Jahres 2020 durch das zuständige Ressort ein schriftlicher Bericht vorgelegt werden, der konkrete Verbesserungsvorschläge enthält und dafür gegebenenfalls notwendige Änderungen von Rechtsvorschriften benennt. 

Begründung: 

Ein Großteil des ehrenamtlichen Engagements ist in Vereinen organisiert. Die Vereine organisieren die Arbeit der Ehrenamtlichen, führen Fortbildungen durch, gewährleisten Qualitätsstandards und sorgen für Erfahrungsaustausch, vertreten die Interessen der Engagierten und übernehmen unliebsame Verwaltungsarbeiten. Daneben sind sie wichtig zur Festigung des Gemeinschaftsgefühls ehrenamtlich Aktiver. Die Förderung von Vereinen als Koordinationsstellen für ehrenamtliche Arbeit ist deshalb unverzichtbar. 

In den 2000er Jahren wurden zahlreiche institutionelle Verbändeförderungen auf Projektförderung umgestellt. Dabei werden den Verbänden vielfach jährlich gleichbleibende Beträge für ihre Verbandsarbeit bewilligt. Soweit die Unterstützung der laufenden Verbandarbeit beabsichtigt war, ist diese Förderform haushaltsrechtlich problematisch. Dies wurde auch vom Landesrechnungshof wiederholt deutlich gemacht. 

Die jährlich neu zu bewilligende Projektförderung führt darüber hinaus zu Unsicherheiten bei den Verbänden und damit zu kaum zumutbaren Haftungsrisiken für die ehrenamtlichen Vorstände. Die Verbände haben die Wahl, entweder ihre Mitarbeiter in prekären Beschäftigungsverhältnissen anzustellen oder die finanziellen Folgen bei einer eventuellen Nichtverlängerung der Förderung zu tragen. Bei späten Bewilligungen im laufenden Haushaltsjahren sind sie zu einer risikobehafteten Vorfinanzierung gezwungen, wenn die Verbandsarbeit nicht unterbrochen werden soll.

Aber auch die früher übliche institutionelle Förderung bringt in ihrer bislang üblichen Form erhebliche Probleme für die Vereine mit sich. Das damit verbundene Rücklagenverbot ver-hindert die langfristige Planung von Projekten und setzt die Vorstände dem vollen Risiko aus, wenn Förderungen nicht oder verspätet bewilligt werden. Die Form der Fehlbedarfsfinanzierung führt dazu, dass selbstständig eingeworbene zusätzliche Mittel wie Mitgliedsbeiträge, Spenden oder Erbschaften zu einer Minderung des Zuwendungsbetrages führen. Damit gibt es keinen Anreiz für eigene Mittelakquise und die Verbände bleiben dauerhaft in Abhängigkeit von Fördermitteln. 

Deshalb gilt es, eine neue Förderform zu finden, die eine dauerhafte Förderung rechtssicher möglich macht und den finanziellen Handlungsspielraum der Verbände bewahrt.

Viele Förderrichtlinien schließen von vorne herein bestimmte Leistungen von der Förderung aus. Dazu gehören etwa freiwillige Versicherungen für die Verbände, Verpflegungsleistun-gen bei Veranstaltungen mit Ehrenamtlichen oder auch unabwendbare Personalkosten bei Krankheit oder Urlaub. Manche Förderrichtlinien schließen Personalkosten gänzlich aus. Diese Leistungen sind aber teilweise für die Ehrenamtsförderung notwendig, teilweise gesetzlich vorgeschrieben, teilweise für die Risikoabsicherung unabdingbar. Deshalb soll überprüft werden, welche Leistungen als förderfähig anerkannt werden. 

Die Anforderungen an die Antragstellung und Verwendungsnachweisführung haben in den letzten Jahren immer mehr zugenommen. Vereine müssen für Projektbeantragungen und -abrechnungen zunehmend hauptamtliches, professionell geschultes Personal einsetzen, das dafür erheblichen Aufwand leisten muss. Infolgedessen fließt ein immer größerer Anteil der Fördermittel und der Vereinsmittel in die Fördermittelverwaltung, statt der inhaltlichen Arbeit und Ehrenamtsförderung zugute zu kommen. Auf EU-Ebene wird für die nächste Förderperiode eine stärker ergebnisorientierte Abrechnung angestrebt. Dies sollte auch für Landesförderungen geprüft werden. 

Die Praxis zeigt, dass es häufig zu stark verzögerten Fördermittelbewilligungen erst im Laufe des Haushaltsjahres kommt. Deshalb sollen Wege gesucht werden, wie Verbändeförderungen zukünftig frühzeitiger gewährt oder über mehrjährige Bewilligungen abgesichert werden können. 

Da viele Projektförderungen über Jahre hinweg nicht angepasst werden, klafft zunehmend eine Lücke zwischen den förderfähigen Gehältern angestellten Personals und der Tarifentwicklung. Auch dieser Aspekt soll bei der Evaluierung betrachtet werden.

Den Inhalt des vorstehenden Antrags hat der Landtag bereits am 16.5.2019 auf Antrag der Fraktionen SPD, LINKE und BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN beschlossen (Drucksache 6/11299(ND)-B), bis Ende 2019 sollte der Ergebnisbericht vorgelegt werden. Dies ist nicht erfolgt. Aufgrund des Endes der 6. Legislaturperiode unterliegt der Landtagsbeschluss der Diskontinuität. Die Antwort auf die Mündliche Anfrage Nr. 19 (Drucksache 7/283) zeigt, dass sich die aktuelle Landesregierung nicht an den Beschluss gebunden fühlt. Da das Thema nichts an Aktualität und Bedeutung für die Ehrenamtsförderung verloren hat, soll der neue Landtag den damaligen Beschluss erneuern.

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