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„Solidarität der Vielen statt Herrschaft der Wenigen“

Bernd Riexinger stellte in Bernau sein Buch „System Change“ vor

Martin Günther (l.) moderierte die Veranstaltung.

Es ist schon fast 4 Jahre her, dass der frühere Parteivorsitzende der LINKEN bei uns zu Gast war. Damals diskutierten wir sein Werk „Neue Klassenpolitik“. Diesmal trafen wir den Bundestagsabgeordneten fast an gleicher Stelle – im neugestalteten Kulturhof. Und auch diesmal ging es um die Frage, wie die nicht mehr zu übersehenden Krisen der kapitalistischen Produktionsweise, deren Auswirkungen gerade gegenwärtig besonders zu spüren sind, überwunden werden können –Wirtschaftskrise, kriegerische Auseinandersetzungen aufgrund der sich zunehmend ändernden hegemonialen Ordnung und nicht zuletzt die sich anbahnende Klimakatastrophe.

Daraus ergibt sich die Frage: Wie lässt sich die Demokratie auf die Wirtschaft ausdehnen?

Nach Ansicht des Autors ist der Kapitalismus einem „Formationswandel“ unterzogen. War in den letzten 30 Jahren der „neoliberale“ Kapitalismus vorherrschend, so bildeten sich zunehmend autoritäre Regime wie jenes unter D. Trump in den USA („America first!“) heraus, wobei soziale Errungenschaften abgebaut wurden. Ein anderes Modell werde gerade in der BRD erprobt: „rot-grün-gelbe“ Modernisierung mit mehr staatlichen Investitionen.
Denkbar wäre aber auch ein sozial-ökologischer Systemwechsel, den Riexinger als „Green New Deal“ bezeichnete. Merkmale wären u.a. der Aus- und Aufbau der sozialen Infrastruktur, höhere Löhne, soziale Sicherheit, radikaler Klimaschutz und die Umverteilung von Einkommen und Vermögen. Öffentliche Gemeingüter wie Pflege, Bildung, Gesundheit und Wohnen dürften nicht Profitinteressen, dem Markt und Wettbewerb untergeordnet werden. Der Begriff „Wohlstand“ müsse neu interpretiert werden: Nicht das persönliche Eigentum garantiere „Wohlstand“. Vielmehr gelte es, die öffentlichen Gemeingüter in „Sozialeigentum“ zu überführen.

Bernd Riexinger verbindet dies mit dem Begriff „Wirtschaftsdemokratie“. Dazu sollten „Wirtschafts- und Sozialräte“ unter Einbeziehung von Klimaaktivisten gebildet werden, die einen entscheidenden Einfluss auf die Produktionsweise und die herzustellenden Produkte haben. Nicht allein der Profit dürfe das Wirtschaften bestimmen, sondern vor allem der Nutzen für die Menschen und die Umwelt.

Der Gast ist sich sicher, dass es dafür einer breiten gesellschaftlichen Bewegung bedarf. Er plädierte für breite Bündnisse u.a. mit Gewerkschaften, Umweltschützern, Sozialvereinen und Mieter*innen-Bewegungen oder auch mit anderen Parteien. Aber man müsse gleichzeitig über die Grenzen schauen und sich mit Organisationen im Ausland abstimmen.

Auf die Frage in der Diskussion, wie er die Chancen auf Realisierung dieses Konzeptes sieht, zeigte sich Gen. Riexinger zuversichtlich. Gerade die Jugend mache Druck „auf der Straße“, denn es geht um ihre Zukunft. Es habe mit der nahenden Klimakatastrophe schon ein Umdenken eingesetzt. Zugleich kann man auf das kürzlich in Brandenburg gegründete Bündnis „Gerechtigkeit! Jetzt“ verweisen, das mehrere gesellschaftliche Organisationen neben der LINKEN im Kampf um soziale Gerechtigkeit vereint.

Im Weiteren drehte sich die Diskussion um DIE LINKE und ihre internen Auseinandersetzungen. Der Gast bezeichnete sich als „unverbesserlicher Optimist“. Die Partei habe „große Chancen“, wenn sie geschlossen auftritt. Hinsichtlich differierender Meinungsäußerungen von prominenten Mitgliedern wurde betont, dass jeder seine Meinung frei äußern dürfe – wenn auch nicht unbedingt in bekanntlich reaktionären Medien. Zugleich müssten jedoch auch Beschlüsse der Partei beachtet werden.

Nach gut 2 Stunden wurde der Gast herzlich verabschiedet. Unter den Teilnehmerinnen der Veranstaltung herrschte neu gewonnener Optimismus: Es gibt eine neue Perspektive!
W. Kraffczyk