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Kuba: Zwischen Neubeginn und verschärfter Blockade

Erik Fischer (r.) während seines Vortrages
Erik Fischer (r.) während seines Vortrages

Die „Hütte“ war voll an diesem Abend des 12. Februar. Über 40 Interessenten fanden den Weg in die Bernauer Geschäftsstelle der LINKEN, um den Erlebnisbericht von Erik Fischer über einen mehrwöchigen Aufenthalt in Kuba im Herbst 2019 - umrahmt durch eine Diashow und 2-3 Flaschen kubanischen Rums - zu verfolgen. Bereut hatte sein Kommen wohl niemand, auch wenn nicht alle einen Sitzplatz fanden.

Mit dem Thema des Untertitels des Vortrags – „Umbau in Kubas Politik und Wirtschaft und die Auswirkungen der jüngsten Blockadebestimmungen der USA“ – begann Erik seine Ausführungen. Dabei machte er deutlich, dass auch die von Obama eingeleiteten Entspannungsschritte im Verhältnis USA-Kuba für die Bevölkerung kaum große Erleichterungen gebracht hätten. Die neuerliche Verschärfung der Sanktionen gegen den Inselstaat habe jedoch die Versorgungsprobleme weiter zugespitzt. Nicht nur die Handelsblockade, sondern auch Beschränkungen u.a. in den Bereichen Finanzen, Verkehr und Gütertransport ließen Deviseneinnahmen sinken. Lebenswichtige Importe wie z.B. von Flüssiggas oder von Medikamenten kamen faktisch zum Erliegen.
Leider habe sich die EU der US-Blockadepolitik weitgehend gebeugt. Wichtige wirtschaftliche Partner sind traditionell weiterhin Spanien, Frankreich und Italien. Dagegen intensivieren China und Russland ihre wirtschaftlichen Beziehungen mit Kuba. Nicht unwichtig für die Diversifizierung der Handelsbeziehungen ist der Ausbau der Süd-Süd-Kooperation mit asiatischen und lateinamerikanischen Staaten.

Parallel dazu schreitet der innerstaatliche Aktualisierungskurs in Kuba voran. Im April 2019 wurde eine neue Verfassung verabschiedet. Sie wurde von der Bevölkerung ausführlich diskutiert und mehrheitlich beschlossen. U.a. sind nun Privateigentum an Produktionsmitteln, ausländische Investitionen und ein „Wirtschaftsmarkt“ zulässig. Frühere Befugnisse der kommunistischen Partei werden auf staatliche Organe übertragen.
Zudem gibt es ein neues Wahlgesetz, das die Amtszeit des Präsidenten auf maximal 2 Amtsperioden von 5 Jahren beschränkt. Eine Personalunion von Präsident und Ministerpräsident ist ausgeschlossen.

Über einen Beamer wurde die Diashow auf eine Leinwand projeziert.
Über einen Beamer wurde die Diashow auf eine Leinwand projeziert.

Es wird auf eine Forcierung des auf dem 6. Parteitag der KP beschlossenen neuen Wirtschaftskurses orientiert. Es soll die Eigenverantwortung der Betriebe bei gleichzeitiger Mitbestimmung der Belegschaft erhöht werden. Probleme gibt es allerdings noch im Rechnungswesen. Die Kooperation zwischen Wirtschaft und Wissenschaft wird vertieft, wobei die Hochschulen praxisorientierter ausbilden sollen: mehr Facharbeiter statt Akademiker.

Ungeachtet aller Probleme kommt das Land langsam voran. Im Vorjahr betrug das Wirtschaftswachstum 1%. Als Motor erweist sich weiter der Tourismus, der 2019 rund 4 Mio. ausländische Gäste zählte. Mit chinesischer Hilfe wurden stillgelegte Betriebe reaktiviert. Auch beim Wohnungsbau sei ein Aufschwung zu verzeichnen. Das Schienennetz wird systematisch ausgebaut. 85% des Territoriums sind digital erschlossen, wodurch auch ein Abbau der Bürokratie ermöglicht wird. Investiert wird in Windkraft und Biogaserzeugung mit dem Ziel, bis 2030 eine Energiewende zu schaffen.
Auch in der Landwirtschaft sind Fortschritte trotz spürbarem Klimawandel zu verzeichnen. Die Bauern haben mehr Freiheiten bei der Vermarktung ihrer Produkte. Es sollen einige Großprojekte mit Vorbildfunktion gestartet werden, die die Versorgungslage stabilisieren sollen. Zugleich wird die Fischereiwirtschaft weiterentwickelt.

Nichtdestotrotz bleibt die soziale Lage der Bevölkerung insgesamt angespannt. Der durchschnittliche Monatsverdienst betrug 2019 ca. 35 US-Dollar, während für ein „gutes Leben“ etwa 100 bis 150 US-Dollar nötig wären. Auch eine zwischenzeitlich durchgesetzte Lohn- und Rentenerhöhung führte nicht zu einer grundsätzlichen Verbesserung der Lage, obwohl niemand Hunger leiden müsse und auch jeder ein „Dach über dem Kopf“ habe, wie der Redner betonte.

In einer sich anschließenden Diskussion konnten noch einige Fragen geklärt werden. So ist privater Besitz an Grund und Boden in Kuba erlaubt, jedoch nicht für Ausländer. Hinsichtlich sozialer Einrichtungen ist Kuba nicht nur in der „dritten Welt“ immer noch ein Vorbild. Trotz verfassungsmäßig festgelegten Einschränkungen des Einflusses der KP besteht das Einparteiensystem weiter, obwohl dies nicht mehr mit jenen z.B. in der UdSSR vergleichbar sei.

Abschließend äußerte Gen. Fischer noch einen persönlichen Wunsch: Möge die Solidarität mit Kuba nicht versiegen sondern im Gegenteil insbesondere auch von der LINKEN weiter gestärkt werden! Ein kleiner Beitrag wurde dazu an diesem Abend geleistet: 41 € fanden sich letztlich in der Spendenbüchse.

(Einen ausführlichen Bericht des Referenten über die Entwicklung in Kuba finden Interessenten in unserer "Leseecke".)

W. Kraffczyk