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„Neue Klassenpolitik – Solidarität der Vielen statt Herrschaft der Wenigen“

Parteivorsitzender B. Riexinger zu Gast in Bernau

Irene Köppe (l.) moderierte die Veranstaltung.
Irene Köppe (l.) moderierte die Veranstaltung

So lautet der Titel des Buches von Bernd Riexinger, Vorsitzender der Linkspartei, das er am 13. Februar in Bernau dem interessierten Publikum im „Treff 23“ vorstellte. Zunächst unternahm er einen kurzen geschichtlichen Exkurs zum Wandel des Verständnisses von gesellschaftlichen Klassen und deren Kämpfen in der BRD. So dominierte lange Zeit die These von der „Sozialpartnerschaft“, die Vorstellung, dass die Arbeiterklasse in die „Mittelschicht“ integriert sei. Mit dem zunehmenden Einfluss des Neoliberalismus wurde das „Ende der Klassen“ propagiert und die These verbreitet, dass jeder seines eigenen Glückes Schmied sei.
Parallel dazu waren tiefgreifende Veränderungen in der Arbeitswelt zu verzeichnen, konstatierte Riexinger. Die Zahl der klassischen „Industriearbeiter“ verringerte sich drastisch, viele Produktionsprozesse wurden in die „dritte Welt“ verlagert, die „Angestellten-Arbeit“ wurde „industrialisiert“. Die Produktionsarbeit wurde durch Teilzeit, Leiharbeit, Werkverträge und andere  Modelle der Flexibilisierung prekärer. In der Folge nahmen auch die Tarifbindung und der Einfluss der Gewerkschaften ab.

Bernd Riexinger wertet diese Entwicklung als „Klassenkampf von oben, der in einem Ausmaß die Arbeitsbedingungen und Lebenslagen der Beschäftigten und Erwerbslosen verändert hat, wie es … lange unvorstellbar war“. Exemplarisch führte er die Tatsache an, dass 40 Prozent der Beschäftigten heute unter dem Strich weniger verdienen als vor 20 Jahren. Die Kluft in der Bevölkerung sei so groß wie vor dem 1. Weltkrieg.

Der "Treff 23" war an diesem Abend gut besetzt.
Der "Treff 23" war an diesem Abend gut besetzt.
Engagiert trug B. Riexinger seine Gedanken und Vorschläge vor.
Engagiert trug B. Riexinger seine Gedanken und Vorschläge vor.

Die durch die neoliberale Politik über Jahrzehnte angerichtete soziale Verwüstung hat aber auch die soziale Frage wieder in den Mittelpunkt der politischen Auseinandersetzungen gerückt, ist sich der Autor sicher. Dabei geht es sicher nicht nur um das eine oder andere „gute“ Gesetz. Die Tarifkämpfe gewinnen wieder an Dynamik, Streiks zielen nicht mehr nur auf höhere Löhne und erreichen neue Teile der Beschäftigten. Die Gesichter der sozialen Kämpfe sind weiblicher und migrantischer geworden.

Im Weiteren machte der Redner deutlich, dass ungeachtet der Veränderungen in der Berufs- und Arbeitswelt noch immer der Begriff „Arbeiterklasse“ seine Gültigkeit besitzt. Sie umfasst alle Lohnabhängigen, die trotz spezifischer Bedingungen gleiche Interessen haben. Den Versuchen der herrschenden Klasse, die Spaltung zwischen einzelnen Gruppen und Schichten zu vertiefen, müssen  eine linke Partei und die Gewerkschaften eine „verbindende Klassenpolitik“ entgegensetzen.
Elemente einer solchen sind die Neuregulierung der Arbeit und humane sowie demokratische Arbeitsbeziehungen untereinander. Aber darüber hinaus müsse das gesamte Leben „in den Blick genommen“ werden.

Der Redner zeigte sich überzeugt, dass zunehmend auch die Eigentumsfrage in das Blickfeld rückt. So mehren sich z.B. die Forderungen nach Rückübertragung von Wohnungen in die öffentliche Hand. Es komme darauf an, transformative Elemente zu entwickeln, die über die Grenzen des Kapitalismus hinausgehen.

In der anschließenden Diskussion wurde gerade letztgenannter Aspekt nochmals aufgegriffen. Müsse nicht die Systemfrage stärker gestellt werden? Einer der Gäste bezeichnete DIE LINKE gar als „rosarote Gewerkschaftspartei“. Riexinger gab zu, dass es bislang nicht gelungen ist, unser Wählerpotential voll zu erschließen und ein breites linkes Bündnis als Voraussetzung für tiefergreifende gesellschaftliche Veränderungen zu schmieden. So bleibt bislang nur das Aufgreifen gesellschaftlicher Probleme, konkrete Hilfe vor Ort und parlamentarische Initiativen.
Das Buch von Bernd Riexinger verspricht jedoch Antworten auf die Fragen, wie dies zu ändern ist.

W. Kraffczyk