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"Wohnopoly"

Unter diesem Titel fand am 23. Januar im Bernauer Kulturhof eine weitere Diskussionsveranstaltung mit Prominenten der Partei DIE LINKEN statt. Zu Gast war Caren Lay, Mitglied der Bundestagsfraktion der LINKEN und seit 2016 Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik. Im Klappentext zu ihrem unlängst erschienenen Buch mit demselben Titel heißt es u.a.: “Die Wohnungsfrage ist die soziale Frage unserer Zeit. Wohnungen sind zu reinen Spekulationsobjekten verkommen. Menschen werden aus jahrzehntelang gewachsenen, sozialen Strukturen gerissen, gentrifizierte Viertel zu Soziotopen der Besserverdienenden.“

Hintergrund für stetig steigende Mieten ist u.a. der ungehemmte Zuzug in Großstädte aufgrund schwieriger Lebensbedingungen auf dem Land und mangelhafter Verkehrsanbindungen. Aber es wurden auch kardinale Fehler in der Politik gemacht. Hier ist in erster Linie die Abschaffung der Wohnungsgemeinnützlichkeit 1990 zu nennen. Dazu gehörte auch das Steuersenkungsgesetz für Unternehmen durch die Schröder-Regierung, wodurch der Wohnungsmarkt ins Visier von Hedgefonds und Private Equity Fonds geriet. Nicht zu vergessen sei die Privatisierung durch Gesetz in Ostdeutschland. Die weitgehend im staatlichen Besitz befindlichen Wohnungen wurden den Wohnungsbaugesellschaften der Kommunen übertragen, wobei ihnen die staatlichen Investitionen als Schulden angerechnet wurden. Im Ergebnis mussten sie einen Teil der Wohnungen verkaufen. Dadurch wurden rund 53 000 Wohnungen privatisiert.

Seitdem gilt die Bundesrepublik auch als Eldorado der Geldwäscher. Gelder z.T. auch aus unlauteren Geschäften werden für den Kauf von Grund und Boden eingesetzt, der für die Öffentlichkeit nicht mehr zur Verfügung steht. Spekulanten erwerben Grundstücke, lassen diese unbebaut, um sie später gewinnbringend wieder abzustoßen. Dadurch steigen die Bodenpreise immer weiter, sodass letztlich nur die Besserverdienenden sich ein eigenes Häuschen leisten können und die Ungleichheit weiter wächst. Ca. 10% der Bevölkerung besitzen 60% des Immobilienbestandes. Die unteren und mittleren Schichten werden zunehmend abgehängt. Die Oberschicht hat innerhalb von 10 Jahren ihr Vermögen um 90% vermehrt.

Was lässt sich dagegen tun? In erster Linie ist die Politik gefragt, die sich der Macht der Lobby entziehen muss. Als 2019 in Berlin der „Mietendeckel“ beschlossen wurde, gab es seitens der CDU und der FDP eine Verfassungsklage. Das Ergebnis: Das Bundesverfassungs-gericht untersagte ein solches Gesetz für ein einzelnes Bundesland. Dafür bedürfe es eines Bundesgesetzes, das dafür Maßstäbe definiert. Anzeichen für die Erarbeitung eines solchen Gesetzes fehlt.
Ferner gilt es, so die Referentin, die „Wohnungsgemeinnützigkeit“ wieder einzuführen und staatliche Fördergelder den Kommunen und Wohnungsbaugenossenschaften zukommen zu lassen sowie diesen Steuerbegünstigungen zu gewähren. Andererseits müssen Spekulationen mit Grund und Boden verboten werden.

Eine weitere Möglichkeit wäre die Re-Kommunalisierung privatisierter Bestände. Der Besitz von Immobilien muss beschränkt werden. Es kann nicht länger geduldet werden, dass z.B. Vonovia in Deutschland über 500.000 Wohnungen an rund 400 Standorten – allein in Berlin 3.000 – verfügt. Der in Berlin erfolgreiche Volksentscheid über die Enteignung der Großkonzerne im Wohnungssektor muss schnellstens umgesetzt werden. Entscheidend wird wohl sein, wie das Ergebnis der anstehenden Neuwahlen in Berlin aussieht. Fakt ist, dass zwei Drittel der Wohnungen in der BRD unter der Regentschaft der SPD verkauft wurden.
Nach Ansicht der Referentin gehörten Fonds und Konzerne generell nicht auf den Wohnungsmarkt. Das dem Kapitalismus innewohnende Streben nach Maximalprofite unterhöhle das grundlegende Menschenrecht auf eine Wohnung.

Um eine grundlegende Wende in der Immobilien- und Wohnungspolitik zu erreichen, bedarf es offensichtlich eines stärkeren Drucks „von unten“ – ist sich Caren Lay sicher.

Es schloss sich an diesem Abend eine lebhafte Debatte der Zuhörer an. Zumeist wurden die Aussagen der Referentin bekräftigt. So wurde die „Vorfahrt“ für den kommunalen Wohnungsbau und das Genossenschaftswesen unterstrichen, wobei eine scharfe Kontrolle der Vorstände erforderlich sei. Es wurde auch ein Plädoyer für Wohngemeinschaften z.B. für ältere Menschen gehalten. Formuliert wurde zudem die Forderung nach einem gesetzlichen Riegel vor Mieterhöhungen.

Nach über 2 Stunden endete die Veranstaltung mit herzlichem Applaus für die Referentin, die mit einem kleinen Geschenk recht herzlich verabschiedet wurde.

W. Kraffczyk