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Es geht ums Ganze ...

Unsere Kandidat*innen begrüßten das Publikum.
Unsere Kandidat*innen begrüßten das Publikum.

Der Platz vor dem Steintor in Bernau war am 30. August schon zum frühen Nachmittag gut gefüllt. Zum Wahlkampfhöhepunkt der Barnimer LINKE hatte sich Dr. Gregor Gysi angesagt. Symptomatische für die gegenwärtige Verkehrssituation im Nordosten von Berlin: Er kam staubedingt mit fast 2 Stunden Verspätung, was allerdings keinen Einfluss auf die überaus herzliche Begrüßung durch das Publikum hatte.

Das lange Warten auf den Bundestagsabgeordneten und Vorsitzenden der Europäischen LINKE wurde durch unsere Kandidaten für die Landtagswahl gekonnt überbrückt. Zuerst legte Isabelle Czok-Alm, Direktkandidatin im Wahlkreis 15, die sich selbst als „grüne Linke“ bezeichnet, ihre politische Zielstellung dar – Klimaschutz und Frieden sichern! Das sei ihr Credo. Sie wolle nicht tatenlos dem Rechtsruck in der Gesellschaft zusehen, sodass sie sich erneut für den Weg auf die politische Bühne entschied. Aber natürlich hat die Hortnerin auch ganz konkrete Vorstellungen davon, wofür sie sich einsetzen wird: Die Bereiche der Daseinsvorsorge wie Kitas, Schulen, medizinische Betreuung und öffentlicher Nahverkehr müssten gerade im ländlichen Raum verstärkt entwickelt werden. Zudem muss der Verkauf von landwirtschaftlichen Nutzflächen an Investmentfonds und Spekulanten gestoppt werden.

Zuerst stellte sich I. Czok-Alm den Fragen von K. Slanina, Bürgermeisterkandidatin in Schorfheide.
Zuerst stellte sich I. Czok-Alm den Fragen von K. Slanina, Bürgermeisterkandidatin in Schorfheide.
Unser Spitzenkandidat S. Walter forderte die Stärkung des Öffentlichen.
Unser Spitzenkandidat S. Walter forderte die Stärkung des Öffentlichen.

Unser Spitzenkandidat für den Landtag, Sebastian Walter, bekräftigte diese Forderung in seiner Rede und ging noch weiter: Generell müsse das Öffentliche gestärkt werden. Es dürften keine Flächen mehr privatisiert werden. DIE LINKE werde sich z. B. dafür einsetzen, dass eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft den sozialen Wohnungsbau übernimmt. Er erinnerte daran, dass ein Großteil der Brandenburger Seen einmal Volkseigentum waren und durch das Land für gut 6 Mio. EUR vom Liegenschaftsfonds „zurückgekauft“ werden mussten. „Warum eigentlich?“, fragte er rhetorisch. In diesem Zusammenhang brachte er seine Empörung über die Forderung der Hohenzollern nach Entschädigung für „ihr Eigentum“ zum Ausdruck. Das kommt nicht infrage, betonte er und rief das Publikum dazu auf, die von der LINKEN initiierte Volksinitiative dagegen zu unterzeichnen.
Neben der Eigentumsfrage seien Fragen der sozialen und Klimagerechtigkeit besonders wichtig. Es sei nicht nachvollziehbar, warum Löhne und Renten in Ostdeutschland fast 30 Jahre nach der deutschen Einheit noch immer deutlich niedriger sind als im Westen. Die Angleichung des Rentenniveaus wurde bereits für 1995 versprochen. Es gehe dabei um Anerkennung der Lebensleistungen der Ostdeutschen. Ebenso müsse der Mindestlohn angehoben werden. Rot-Rot in Brandenburg habe sich schon vor Jahren entschlossen, die Vergabe öffentlicher Aufträge nur noch an jene Unternehmen vorzunehmen, die einen Mindestlohn von zunächst 8,50 € zahlten. Ziel sei es, 13 € je Stunde als Mindestlohn festzuschreiben. Zudem müssten an öffentlichen Aufträgen interessierte Unternehmen zukünftig Tariflöhne zahlen, forderte Walter.
Abschließend nannte er die Wahl am 1. September einen Richtungsentscheid. Die AfD und Neonazis nutzen zwar die genannten Probleme für ihre Ambitionen, verfolgten jedoch eine Politik, die diese weiter verschärfen. Populisten, wie sie auch in Bernau bekannt seien, benennen zwar Probleme, entwickeln aber nicht konstruktive Lösungsansätze.

Ralf Christoffers nannte einige Schwerpunkte für die künftige Arbeit.
Ralf Christoffers nannte einige Schwerpunkte für die künftige Arbeit.

Unser Direktkandidat in Wahlkreis 14 (Bernau und Panketal), Ralf Christoffers, knüpfte in seinen Ausführungen daran an und verbat sich jegliche Unterstellungen und Diffamierungen seitens der politischen Konkurrenz. So hatte Hr. Vida (BvB/Freie Wähler) in einem Flyer behauptet, dass er selbst der fleißigste Landtagsabgeordnete sei. Reden halten sei das eine, Gesetze auszuarbeiten und konkrete Lösungen anzubieten das Andere. Derartiges Auftreten trage dazu bei, dass sich die Bürger*innen von der Politik abwenden, da sie Politik als Selbstbeschäftigung wahrnehmen.
DIE LINKE verfolge das Ziel, ein soziales, weltoffenes Brandenburg zu schaffen. Die Einführung des Mindestlohns sei nur ein Beispiel, die Abschaffung der Gebühren für das letzte Kita-Jahr ein anderes. Dabei bevorzuge er darüber zu reden, was gelöst werden kann, Zielstellungen mit dem abzugleichen, was nötig und machbar ist. So könne man zwar fordern, wie es Hr. Vida tut, die Straßenerschließungskosten abzuschaffen, doch dies berührt bundespolitisches Recht.
Hinsichtlich seiner Zielvorstellungen für die kommende Wahlperiode nannte er die Mobilität als wichtige Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe mit dem Schwerpunkt auf Ausbau des ÖPNV, Qualitätssicherung im Bildungsbereich einschließlich des stufenweisen Übergangs zur Gesamtschule, den Ausbau der Zusammenarbeit mit Polen auch als wichtiges Bindeglied für bessere Beziehungen mit Russland, Förderung von Wissenschaft und Technik für eine stabile wirtschaftliche Entwicklung und nicht zuletzt eine Energiewende und nachhaltiges Wirtschaften.
Abschließend warnte auch er vor dem Erstarken der AfD, die nicht die Probleme lösen könne, sondern selbst das größte Problem sei. Nur Rot-Rot-Grün könne dafür sorgen, dass Brandenburg weltoffen bleibe.

Die Gruppe "Lari und die Pausenmusik" überbrückte die Pausen zwischen den Reden.
Die Gruppe "Lari und die Pausenmusik" überbrückte die Pausen zwischen den Reden.
Das Publikum auf dem Platz sparte nicht mit Beifall für die Redner und Musiker.
Das Publikum auf dem Platz sparte nicht mit Beifall für die Redner und Musiker.

Nach einer längeren Pause, die durch die Gruppe „Lari und die Pausenmusik“ stimmungsvoll überbrückt wurde, war es dann soweit – Gregor Gysi betrat die Bühne. In seiner fast 45-minütigen Rede würdigte er zunächst einige sozialen Errungenschaften in Brandenburg: Streichung der Straßenausbaubeiträge, Erhöhung des Betreuungsschlüssels in den Schulen und Kitas, das beitragsfreie letzte Kita-Jahr. Und nun werde sogar angestrebt, die Schulspeisung kostenlos zu anzubieten.
Dann umriss er die Situation in Brandenburg. Obwohl die Partei keine Lösungen für die Zukunft anbiete, habe die AfD zugelegt. Dies korrespondiere mit einem Rechtsruck in mehreren Ländern. Ursachen lassen sich in der Globalisierung, in der Verschärfung der sozialen Lage, in der Flüchtlingsfrage und anderen Entwicklungen finden. In Deutschland, speziell im Osten, gebe es auch ein psychologisches Problem – vielen wird bewusst, dass es nach der „Wende“ keine Vereinigung sondern eine Übernahme gab. Man fühle sich „abgehängt“, vergessen, als „Mensch zweiter Klasse“. In der Tat verfolgte der Westen in den Folgejahren nicht den Aufbau der ostdeutschen Wirtschaft, sondern den Osten für die Bedürfnisse des Westens als Absatzmarkt und Ressource billiger Arbeitskräfte auszunutzen. Dabei hätten viele DDR-Betriebe durch Subventionen zur Bezahlung der Löhne gerettet werden können, zeigte sich der Redner überzeugt.

Dr. Gregor Gysi zog mit seiner Rede das Publikum in seinen Bann.
Dr. Gregor Gysi zog mit seiner Rede das Publikum in seinen Bann.

Er bestritt nicht die Vorteile der deutschen Einheit – die Gefahr eines Krieges zwischen beiden deutschen Staaten hat sich erledigt. Zudem hätten Freiheit und Demokratie obsiegt. Zugleich habe der Osten in Vielem verloren, seien die sozialen Unterschiede verschärft worden, gebe es verbreitet Armut. Es sei an der Zeit, dass die Bürger in Ost und West als gleichberechtigt betrachtet und behandelt werden, betonte er. Protest sei angebracht, aber nicht nationalistisch und rassistisch durchsetzt. Der Ruf seitens der AfD nach einem „starken Mann“ lässt die Erinnerung an historische Erfahrungen aufleben. Ein „starker Mann“ könne zwar 3 oder 4 Forderungen der Bürger*innen umsetzen, danach aber auch gegen das Volk regieren. Der Nachteil: Man werde den „starken Mann“ nicht wieder los. Diktatur sei keine „Alternative“.

G. Gysi wurde abschließend noch zum Fotostar.
G. Gysi wurde abschließend noch zum Fotostar.

Im Weiteren ging Gysi auf aus seiner Sicht drängende Probleme ein. Auch er betonte, dass Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge nicht in private Hände gehören. Der Markt könne alles andere regulieren. Die Mietendebatte in Berlin und der angeschobene Volksentscheid zur Enteignung großer Wohnungsunternehmen habe Bewegung in diese Frage gebracht. Er könne sich vorstellen, dass sich Mietsteigerungen im Rahmen der Inflationsrate bewegen und Modernisierung der Gebäude nur mit Einverständnis der Mieter erfolgen sollten. Ferner sei eine grundlegende Rentenreform notwendig. Alle, die einen Verdienst haben, müssten in die gesetzlichen Rentenkassen einzahlen, einschließlich Beamte, Selbstständige und Unternehmer. Zugleich gehörten die Beitragsbemessungsgrenzen abgeschafft und der Rentenanstieg bei Spitzenverdiener abgeflacht.
Abschließend rief er dazu auf DIE LINKE zu wählen, weil sie die Stimme für soziale und Steuergerechtigkeit, für ökologische Nachhaltigkeit bei gleichzeitiger sozialer Verantwortung sei.
Gysi, der anschließend noch ein kurzes "Bad in der Menge" genoss, wurde herzlich zu seinem nächsten Termin verabschiedet. Er versprach wiederzukommen ...
W. Kraffczyk