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Ein „Weltbürger“ zu Gast bei „Offene Worte mit Dagmar Enkelmann“

Dr. Dagmar Enkelmann moderierte das Forum mit unserem Gast, M. Schirdewan.
Dr. Dagmar Enkelmann moderierte das Forum mit unserem Gast, M. Schirdewan.

Er wuchs bei seinen Großeltern in Ostberlin auf, geprägt durch die antifaschistische Grundeinstellung des ehemaligen KZ-Häftlings und späteren Mitglieds des Politbüros des ZK der SED Karl Schirdewan, seines Großvaters, der 1958 u.a. mit seiner Forderung nach Überwindung des Stalin-Kults in Ungnade fiel und seiner Ämter enthoben wurde.
Unser Gast erlebte die politische „Wende“ in der DDR während seiner Schulzeit. Später studierte er Politikwissenschaften, schrieb seine Dissertation zu Fragen der Politik linker Parteien in Europa. Er arbeitete einige Jahre als Redakteur bei verschiedenen linken Zeitschriften, wurde Mitarbeiter beim Bundestagsabgeordneten Roland Klaus und fand dann eine Anstellung bei der „Rosa-Luxemburg-Stiftung“. Seit 2017 ist er Abgeordneter des Europaparlaments und führt jetzt die Kandidatenliste unserer Partei für die Europawahl mit an: Dr. Martin Schirdewan, der sich selbst als "Weltbürger" bezeichnet.

Natürlich wurde dieses Forum am 10. März im „Treff 23“ in Bernau von Fragen rund um Europa dominiert. Wie sind die Chancen für die Linken bei der anstehenden Wahl? Ist mit einer Stärkung der rechten Kräfte zu rechnen? Welche Konsequenzen ergeben sich aus dem Brexit? Und wie ist die Haltung unserer Partei zur EU insgesamt? Martin Schirdewan machte keinen Hehl daraus, dass es in unserer Partei durchaus unterschiedliche Positionen zur EU gibt. Grundsätzliche Kritik an den EU-Institutionen und ihrer Politik trifft auf das Bestreben zur Mitgestaltung der europäischen Integration mir einer stärkeren sozialen Ausrichtung und weiteren Demokratisierung. Der kürzlich stattgefundene Europa-Parteitag habe gezeigt, dass diesbezügliche Auseinandersetzungen aber „kulturvoll“ verlaufen. Das Wahlprogramm der LINKEN wurde mit nur wenigen Gegenstimmen angenommen.
Der Gast zeigte sich davon überzeugt, dass es gerade jetzt, da sich die Gefahr einer erneuten atomaren Aufrüstung abzeichnet und sich Konfliktsituationen mehren, einer starken europäischen Linken bedarf. Es gebe die berechtigte Hoffnung, dass die Fraktion GUE/NGL, zu der auch die Abgeordneten unserer Partei gehören, gestärkt aus der EU-Wahl hervorgehen könnte. Es werde damit gerechnet, dass weitere Parteien des linken Spektrums dazu stoßen.
Ein verändertes Kräfteverhältnis im EU-Parlament könnte dazu beitragen, dass grundsätzliche Reformen z. B. zur Stärkung sozialer Rechte und der Rechte von Arbeitnehmern durchgesetzt werden. Das Parlament müsse das Recht auf eigene Gesetzesinitiativen erhalten. Bislang kann das EU-Parlament Vorschläge der EU-Kommission nur annehmen oder ablehnen. Zudem müsse das Vetorecht des Europarates gestrichen werden.
Aber auch die national-konservativen Kräfte gehen nach Einschätzung unseres Gastes zunehmend in die Offensive. Es sei das Bestreben zur engeren Kooperation und besseren organisatorischen Verzahnung zu verzeichnen.

Blick in den Veranstaltungsraum.
Blick in den Veranstaltungsraum.

Letztlich kann auch der „Brexit“ in diesem Kontext gesehen werden. Enttäuschte Hoffnungen der Bürger*innen bezüglich der europäischen Integration, aber auch die „Flüchtlingskrise“ führen zur Stärkung nationalistischer Tendenzen. Dabei werden die Folgen weitgehend ausgeblendet. Allein in der BRD sind durch den Austritt Großbritanniens 120.000 Arbeitsplätze betroffen. Darüber hinaus sind die Grundrechte von 5 Mio. Arbeitskräften bedroht. Voraussichtlich wird zudem die britische Regierung nach dem EU-Austritt die Steuern senken, was dem Steuersenkungswettbewerb in Europa Tür und Tor öffnet.

Abschließend fasste Dr. Schirdewan die Kernthesen unserer Partei zur EU zusammen:

  • Rund 50 Mio. Bürger*innen sind in der EU arm. Entweder wird die EU sozial oder sie hat keine Zukunft.
  • Es muss endlich Steuergerechtigkeit in der EU hergestellt werden.
  • Die EU muss eine konsequente Friedens- und Entspannungspolitik betreiben.
  • Klimaschutz und Energiewende müssen zu einem zentralen gemeinsamen Anliegen der EU werden.

Damit traf Martin Schirdewan auf einhellige Zustimmung des Publikums, das mit herzlichem Applaus den Gast verabschiedete. Nun gilt es, den Spirit der Veranstaltung im Wahlkampf auf die Straße zu tragen.

W. Kraffczyk